Ob Privat- oder Berufsleben – unser Leben richtet sich nach Plänen. Ein Ziel vor Augen zu haben, ist dabei unerlässlich – auch die Politik agiert mit Hilfe von Jahresplänen, deren gesteckte Ziele oftmals weit in der Zukunft liegen. Doch alles ist abhängig von einem bestimmten Faktor: dem Ist-Zustand.
Auf dieser Grundlage stellt die EU den European Green Deal vor, mit dem Ziel, alle Länder der Europäischen Union bis zum Jahr 2050 in die weltweit erste klimaneutrale Industrieregion zu transformieren. In einer sich stetig verändernden Welt wird Planung als Konstante gesehen, die ein Gefühl von Sicherheit gibt. Doch wie sicher können wir uns fühlen und wie sinnvoll ist es, Pläne zu erstellen, die vom Hier und Jetzt abhängig sind, wenn die Ziele jedoch viele Jahre in die Zukunft reichen?
Wenn der Weg zum Ziel immer länger wird
Das vergangene Jahr mit Corona macht deutlich, dass Planungssicherheit keineswegs bedingungslos und selbstverständlich ist. Wenn sich der Ist-Zustand ändert, muss auch der Plan und gegebenenfalls das Ziel angepasst werden. Ist es also nicht destruktiv und sogar schon etwas fahrlässig, wenn Maßnahmen und Lösungen für wirtschaftliche, soziale und klimabezogene Probleme in die Zukunft getragen werden, anstatt sie so schnell es geht umzusetzen? Retrospektiv entsteht der Anschein einer blauäugigen Zuversicht und eines geringschätzigen Umgangs mit der Planungsfreiheit.
Besser spät als nie?
Viele bevorstehende Veränderungen von der Reduzierung von Plastik, Senkung der Emissionen oder der Wandel zur E-Mobilität und erneuerbaren Energie sind unausweichlich, wenn wir unseren Heimatplaneten für die nächsten Generationen erhalten wollen. Doch aktuell werden immer noch Entscheidungen getroffen und Pläne mit der Annahme geschmiedet, dass genug Zeit bleibt. Vor allem wirtschaftlichen Faktoren liegt es zugrunde, dass Entscheidungsträger*innen warten, bis die Uhr kurz vor zwölf steht. Der gegenwärtige Verlust der Planungssicherheit sollte daher als gewaltiger Denkanstoß genutzt werden, um Pläne, die gesellschaftspolitische Themen betreffen, neu zu bewerten und zu adaptieren und mehr in die Gegenwart zu tragen, bevor es zu einem noch größeren Verlust der Planungssicherheit kommt.
Die Bodenseeregion übernimmt Verantwortung
Um die schwierigen gesellschaftspolitischen Aufgaben unserer Zeit zu lösen, muss vor allem ein grenzüberschreitender Dialog stattfinden, der Wissenschaft und Wirtschaft bestmöglich miteinander vereint. Die »Internationale Bodenseekonferenz« (IBK), die genau ein solch grenzübergreifender Zusammenschluss ist, um sich bei Fragen über Umwelt, Wirtschaft und Bildung u.v.m. abzustimmen, kann für andere kultur- und wirtschaftsnahe Regionen als Vorbild dienen. Die Freiheit, die Zukunft planen und gestalten zu können, ist ein Privileg. Entscheidungsträger*innen sollten sich daher generell mehr dafür einsetzen, Lösungen und Ziele in die Gegenwart zu tragen. Was wir heute tun oder nicht tun hat direkte Auswirkungen auf das Morgen, das Umsetzen unserer Pläne und das Erreichen der Ziele. Die Zukunft beginnt nicht morgen, sondern jetzt.
Sehr schönes Plädoyer für den grenzüberschreitenden Dialog und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit!