MOOC als Format erlebte seinen Höhepunkt, als sogar die New York Times das Jahr 2012 als «das Jahr der MOOCs» taufte. Seitdem ist der Hype auch in der deutschsprachigen Region abgeflacht, obwohl die Digitalisierung immer mehr an Fahrt aufnimmt. Vor dem Hintergrund des Online-Unterrichts während der Corona-Pandemie und einer teilweisen Rückkehr zu hybriden Unterrichtsformen – teils online, teils vor Ort oder kombiniert – ist der Einsatz von MOOCs als zentrales Unterrichtsformat oder als ergänzende Ressource ein wichtiger Schritt in eine digitale, vernetzte und lernendenzentrierte Zukunft innerhalb des Bildungsraums.
Was ist ein MOOC überhaupt?
Traditionell sind MOOCs grosse Onlinekurse, welche kostenlos zum Zwecke der Weiterbildung nach persönlichen Interessen genutzt werden können, ohne Anrechnung bei Bildungsinstitutionen. Daher kommt auch der Name Massive Open Online Courses. Sie basieren auf kurzen Lernvideos, Quizzes und Aufgaben für die Teilnehmenden. Auf der Plattform edX, welche kostenlose Onlinekurse von mehr als 160 Universitäten aus aller Welt anbietet, sind etwa 2000 Kurse verfügbar. Während der Lockdowns ist das Interesse an diesen Kursen exponentiell gestiegen. Im März 2020 etwa registrierte der MOOC-Anbieter Coursera 10.3 Millionen Neuzugänge – einen Anstieg von 640 % gegenüber dem März des Vorjahres. Dies ist nicht nur ein kurzfristiger Anstieg der Nutzer*innenzahlen – es stellt eine neue Dynamik in der Nutzung von MOOCs und digitalen Lehrformaten dar.
MOOCs als Herausforderung
Natürlich stellen MOOCs auch eine Herausforderung dar. Sie müssen von Lehrenden und Lernenden gleichermassen akzeptiert und gewollt sein, um mit deren Einführung einen Erfolg zu erzielen. Ausserdem müssen sie sich von ihrem Anfangsformat weiterentwickeln, um vielfältig eingesetzt werden zu können. Die Anrechnung der Leistungen im Rahmen der MOOCs für das Studium oder die Ausbildung ist zudem noch etwas heikel, da aktuell Unehrlichkeit in der Leistungserbringung und -bewertung nicht ausgeschlossen werden kann.
«Der Bodenseeraum könnte an der weltweiten Spitze der Digitalisierung der Bildungslandschaft sein.»
Diese Herausforderungen sind aber meisterbar und das enorme Potential neuer Unterrichtsformate gleicht den Aufwand für diese mehr als aus. Nehmen wir das Beispiel vom Bodenseeraum, welche über eine grosse und vielfältige Hochschullandschaft verfügt. Die Region könnte an der weltweiten Spitze der Digitalisierung der Bildungslandschaft und der konsequenten, zielgerichteten Einführung neuer, innovativen Konzepte wie dem Blended Learning sein. Dieses erlaubt die Integration von digitalen Lösungen – wie etwa MOOCs – in den Präsenzunterricht, und dürfte Lernende der Generation Z und darüber hinaus noch längere Zeit begleiten.
«Ein Schulterschluss der verschiedenen Bildungsinstitutionen in der Region ist nötig.»
Die Forschung an einzelnen Hochschulen und Universitäten, wie etwa der Universität St. Gallen, ist in diesem Bereich schon jetzt aktiv. Doch das Emergency Remote Teaching, also die aus der Not geborene und beinahe weltweit gleichzeitige Umstellung auf Online-Unterricht, bietet der Bodensee-Region jetzt Chancen. Auf dem Weg zurück in die Normalität besteht wiederum sehr viel Unsicherheit: wie geht man mit der neuen Situation um? Im Bodenseeraum besteht bereits eine umfassende Plattform für den Austausch innerhalb des Hochschulbereichs in der Form der Internationalen Bodenseehochschule. Diese vereint verschiedene hochschul- und länderübergreifende Projekte zur digitalen Zukunft innerhalb des Bildungssektors und kann als Treibkraft genützt werden. Um eine Vorreiterrolle in der Entwicklung neuer Unterrichtskonzepte einzunehmen, ist der Einbezug von MOOCs, von deren Bedeutung bis hin zu deren Umsetzung, zentral. Damit nicht nur 2012 das Jahr des MOOCs bleibt, sondern fortan ein Zeitalter des MOOCs und vieler anderer, neuer Lehr- und Lernformen eingeläutet wird.