SichtWeisen
SichtWeisen | Foodsharing | Foto von Stefanie Lehnes by foodsharing e.V.

Foodsharing: kostenlos essen, Lebensmittel retten

Pro Person landen in der Schweiz jedes Jahr rund 190 Kilogramm geniessbare Esswaren im Müll. Manche nehmen es in die eigene Hand das Problem zu bekämpfen, zum Beispiel indem sie containern.

Wer Lebensmittelrettung betreiben will, ohne sich dabei im halblegalen Bereich aufzuhalten, findet sein Glück auf foodsharing.de. Foodsharing ist eine 2012 entstandene Internetplattform in Deutschland, Österreich und der Schweiz, welche die Rettung und Verteilung von überschüssigen Lebensmitteln organisiert. Bisher konnte die Bewegung über 36 Millionen Kilogramm Lebensmittel vor der Tonne retten.

Foodsharing: So funktioniert’s

Bäckereien, Restaurants, Take-away-Läden oder Supermärkte werden angefragt eine Kooperation einzugehen. Dann wird für jeden Betrieb ein Team aus “Foodsaver*innen” gebildet, die regelmäßig übrig gebliebene Lebensmittel abholen gehen. Die Betriebe sind jeglicher Haftung entbunden, so dass auch abgelaufene Lebensmittel weiterverbraucht werden können. Was die Foodsaver*innen mit der Ware machen, ist ihnen überlassen. Es kann sowohl an bedürftige wie nicht bedürftige Personen, soziale Hilfsorganisationen oder sonstige Einrichtungen verteilt, wie auch von den Foosaver*innen selbst verzehrt werden. Ein wichtiger Grundsatz der Community ist jedoch, dass alles unentgeltlich und unkommerziell geschieht. Die Ware darf in keinem Fall weiterverkauft werden und weder Betriebe noch Foodsaver*innen werden für die Ware bzw. für das Abholen entschädigt. Foodsaver*in kann jede und jeder werden, dazu ist nur die Absolvierung eines Quiz und die Einführung in den Ablauf des Abholens durch erfahrene Foodsaver*innen notwendig. Im deutschsprachigen Raum sind mittlerweile 78’000 Foodsaver*innen aktiv.

Meine eigene Erfahrung: Nur Gegessenes ist gerettet

Seit November 2019 bin ich selbst als Foodsaver in Zürich tätig. In meiner bisherigen Erfahrung war die eigentliche Kunst beim “foodsaven” nicht das Abholen selbst, sondern sicherzustellen, dass das Abgeholte nicht doch noch im Abfall landet. “Gerettet” sind die Lebensmittel nämlich erst dann, wenn sie gegessen worden sind. Meine zwei hungrigen Mitbewohner*innen machen es mir um Einiges leichter. Doch kommt man mit 10 Kilo gekochter Pasta nach Hause, dann reicht auch das nicht mehr aus. Für grosse Abholungen habe ich Verschiedenes schon ausprobiert: Zum Beispiel, viele Freunde für ein spontanes Festessen einzuladen. Das ist sehr spassig. Doch muss man beachten, dass man nie im Voraus wissen kann, ob man von einer Abholung mit einem Assortiment an köstlichen Speisen zurückkommt, oder ob es gerade mal zwei armselige Tupperware voll gekochter Kichererbsen sind.

Lebensmittelverschwendung: Lokaler Lösungsansatz, globales Problem

Weltweit landen jährlich 1,3 Milliarden Tonnen konsumierbare Esswaren im Müll, obwohl über 800 Millionen Menschen an Hunger leiden*. Diese widersprüchliche Ungleichheit auf globaler Skala aufzuheben ist schwierig und hängt mit vielen komplexen sozialen und ökonomischen Faktoren zusammen. Doch dass es in einer Stadt hungrige Menschen gibt und gleichzeitig in derselben Stadt geniessbares Essen entsorgt wird, ist pervers und könnte einfach vermieden werden. Genau dafür ist Foodsharing eine ganz wunderbare Sache.

Info-Box

*Zahlen laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen:
https://www.wfp.org/publications/2020-global-report-food-crises.

Hier findest du mehr Informationen, um selber bei foodsharing mitzumachen:
https://foodsharing.de/?page=content&sub=joininfo

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Leander Lelouvier

Leander Lelouvier (21) ist gebürtiger Südtiroler, hat in den Niederlanden internationale Beziehungen studiert und wohnt heute in Zürich, wo er als freier Journalist schreibt. Am meisten interessiert er sich für die lokalen Auswirkungen globaler Entwicklungen. Wie diese die Bodenseeregion prägen, dem wird Leander im kommenden Jahr für SichtWeisen nachgehen.

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SichtWeisen – ein Projekt der IBK

Unter «SichtWeisen» werden relevante (Zukunfts)Themen von sechs Jungjournalist*innen professionell aufgearbeitet. «Next Generation Bodensee» möchte mit diesem Projekt der nächsten Generation im IBK-Raum eine politische Stimme geben.