Der UNESCO-Weltbildungsbericht schreibt den Lehrkräften eine ausschlaggebende Rolle beim Erreichen der globalen Bildungsziele zu. Doch lediglich einer der zehn Unterpunkte der «Bildungsagenda 30» befasst sich mit dieser essentiellen Thematik und betont die Wichtigkeit von qualifizierten Lehrer*innen. Obwohl sie maßgeblich für das Erreichen der Ziele verantwortlich sind und die Theorie in die Praxis umsetzen müssen.
Neue Ausbildung, aber alte Probleme
Der Anspruch und die Qualitätsanforderungen an den Lehrberuf befinden sich im konstanten Wandel. Die in Österreich eingeführte Reform «Pädagog*innenbildung Neu» bildet Lehrkräfte aller Schulformen seit 2015 auf akademischem Niveau aus. Trotz anspruchsvollerer und qualitativ hochwertigerer Ausbildung wird sie seitens der österreichischen Lehrergewerkschaft kritisiert. Die Ausbildungszeit dauert nun länger und verstärke den seit Jahren, ebenfalls in Deutschland und der Schweiz, bestehenden Mangel an Lehrkräften. In Österreich wird rund die Hälfte aller Lehrer*innen in den nächsten Jahren die Pension antreten. Es wird zwar vor der «Pensionswelle» gewarnt, die Politik scheint jedoch nicht beunruhigt.
Mehr Anforderungen schaffen nicht mehr Ressourcen
Während von der eigenständigen Lehrer*innenausbildung immer mehr eingefordert wird, besteht gleichzeitig die Möglichkeit für Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf zu wechseln und für Lehramtsstudierende bei Notwendigkeit an Schulen zu unterrichten. Kann das als Zugeständnis der Bildungspolitik interpretiert werden, dass doch zu wenig Lehrkräften vorhanden sind und die Ausbildung anpassungswürdig ist? Das Bestreben nach höher werdenden Qualifikationen im Bildungsbereich steht im Widerspruch zur Situation des Personalnotstands und dem ungleichen Zugang zum Lehrberuf. Denn steigende Anforderungen in der Ausbildung schaffen nicht automatisch die nötigen persönlichen Ressourcen, die Lehrer*innen in der Praxis brauchen, um den verschiedenen Bedürfnissen einer 25-köpfigen Schulklasse gerecht zu werden, fachlich zu vermitteln, pädagogisch zu handeln und dabei gezielt und individuell zu fördern.
Lernende und Lehrende unterstützen
Die Bildungspolitik übersieht derzeit, dass das in die Höhe schrauben der Qualifikationen der Lehrer*innenausbildung irgendwann seinen Zenit erreicht haben wird. Und das allein wird keine nachhaltige Strategie sein. Es gibt aber bereits Möglichkeiten, um den Bedürfnissen von Lernenden und Lehrenden besser gerecht zu werden: Lehrmethoden, die als «Teamteaching» oder «Tandemunterricht» bezeichnet werden, bei denen zwei oder mehrere Fachkräfte den Unterricht führen. Je nach Bedarf der Lernenden und Lehrenden können andere Pädagog*Innen, Studierende, Psycholog*innen oder Sozialarbeiter*innen zum Einsatz kommen. Das Lehrpersonal wird entlastet, die Schüler*innen werden besser gefördert. Ein nachvollziehbarer und attraktiverer Zugang zum Lehrberuf sowie das Aufstocken von Stellen für Lehrpersonal pro Schüler*in können eine krisensichere, nachhaltige und hochwertige Bildung im Sinne der «Agenda 30» fördern.