Regionale Identität, so eine mögliche Definition, ist die Deckung des eigenen Wesens mit dem der Region. Ein Blick auf meine Heimat Südtirol, in der die Identitätsfrage praktisch allgegenwärtig ist, macht diese Definition verständlicher: Hier wird man immer wieder gefragt, wo man sich „zugehörig fühlt“, sprich in welchem Territorium man sein eigenes Wesen gespiegelt sieht. Die Antworten variieren hierzulande stark. Manche identifizieren sich mit dem Nationalstaat Italien, andere hingegen mit der autonomen Provinz Südtirol. Traditionalist*innen bestärken ihre Zugehörigkeit zum bayrisch-tirolerischen Kulturkreis, während für andere Bayern nicht dazugehört, dafür aber das Trentino.
Dieses Beispiel zeigt bereits, wie variabel die Grenzen eines geografischen Gebiets, mit dem sich Menschen identifizieren, sein können. Die Köpfe vom „DenkRaumBodensee“ fragten sich also nicht umsonst: Sind wir eine Region? Und wenn ja, wie viele? Ihre Antwort darauf: Die Abgrenzung der Bodenseeregion variiert von Thema zu Thema. Beim Gewässerschutz etwa reicht der Raum weit in die Alpen hinein, beim Tourismus bleiben die Grenzen näher am Ufer. Mit welchem Gebiet soll man sich also identifizieren und worauf zielt die IBK ab, wenn sie davon spricht, die regionale Identität stärken zu wollen? Wäre es in Anbetracht dieser territorialen Flexibilität nicht ratsamer, von Grenzenlosigkeit zu sprechen, anstatt einen territorial abgegrenzten Identitätsbegriff zu propagieren?
In Anbetracht dessen scheint der Ansatz „Einheit in Vielfalt“ viel geeigneter zu sein als das Konzept der regionalen Identität. Er symbolisiert das Ziel, trotz der vielen verschiedenen Identitäten, die es nun mal gibt, über die Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Mit ihren grenzüberschreitenden Kleinprojekten leistete die IBK bereits eine ausgezeichnete Arbeit, um diesem Ansatz gerecht zu werden. Zwischen 2015 und 2020 wurden mehrere Projekte finanziert, wie etwa „Brückenfeste“ zwischen Grenzgemeinden oder gemeinsame Fachexkursionen. Für die kommenden Jahre sind bereits weitere Förderungen in Aussicht gestellt worden.
Warum sich die IBK bei diesen Projekten aber auf die Stärkung einer regionalen Identität als Ziel berufen muss, leuchtet mir nicht ein. Erstens, da die Bodenseeregion ein territorial lose definiertes Gebiet ist, mit dem eine Identifikation ohnehin schwer möglich ist. Zweitens, da grenzübergreifende Bemühungen eher darauf abzielen sollten, trotz bestehender – zum Beispiel nationalstaatlicher – Identitäten die Zusammenarbeit zu fördern, anstatt eine weitere Identität auf den Plan zu rufen.