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SichtWeisen | Roboter in der Alterspflege | Foto von Alex Knight von Pexels

Roboter in der Alterspflege: die Zukunft, die uns alle erwartet?

Schon seit Jahren besteht im Bodenseeraum und darüber hinaus ein Mangel an Pflegefachkräften. Getrieben wird diese Entwicklung durch den demografischen Wandel, unattraktiven Bedingungen in der Pflege und verschiedenen gesellschaftlichen Trends. Lösungsvorschläge gibt es einige – darunter die Ergänzung der Pflege durch Roboter. Doch ist das realistisch, und welche Herausforderungen bestehen zur Einführung dieser Technologien in Pflegeheimen und letztendlich auch als Unterstützung in Alterswohnungen?

Roboter werden in der Pflege heutzutage schon eingesetzt: als Transportsysteme, Rehabilitationsgeräte oder automatische Rollstühle. Diese Technologien sehen zwar nicht so aus wie man sich einen «Pflege-Roboter» vorstellen würde, entlasten aber die Pflegefachkräfte und schaffen den Pflegebedürftigen einen Mehrwert.

Die öffentliche Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS unterteilt Assistenzsysteme in drei Typen:

  • Trainingsgeräte und Bewegungshilfen, worunter Rehabilitationstrainer, Greif- und Gehhilfen sowie halbautomatische Rollstühle fallen;
  • Telepräsenz- und Assistenzroboter, welche Videogespräche erlauben;
  • und sozial interagierende Roboter, welche die Pflegebedürftigen «als Begleiter und Gefährten» unterstützen.

«Entscheidend ist der Fortschritt im Bereich der künstlichen Intelligenz»

Die Entwicklung dieser «sozialen Roboter», welche intelligent und einfühlsam sein müssen, erweist sich als gewaltige Herausforderung. Entscheidend ist hierbei der Fortschritt im Bereich der künstlichen Intelligenz. Dieser ist allerdings so rasant, dass die Hoffnung auf kompetente und entlastende Roboter sowohl für Pflegefachkräfte als auch für Pflegebedürftige berechtigt ist.

Und sie müssen auch nicht alles können: in der Einführungsphase sind Roboter primär dazu da, die Pflegefachkräfte zu unterstützen, nicht um sie zu ersetzen. Robotik-Experte Sami Haddadin meint dazu, dass die intelligenten Maschinen eine Assistenzrolle einnehmen werden – nach dem Grundsatz: «Menschen sollen sich um Menschen kümmern». Das Stichwort Geriatronik – abstammend von Geriatrie, der Altersheilkunde – beschreibt dabei das Konzept von Robotern als Pflegeassistenz. Es bezeichnet den Einsatz von Robotik, Mechatronik und Informationstechnik in der Altenpflege.

«Die Grundeinstellung gegenüber Robotern ist positiv, sofern sie den Menschen nicht ersetzen»

Bis sozial interagierende Roboter ein alltägliches Bild in Pflegeheimen und Alterswohnung werden, dürfte allerdings noch einige Zeit verstreichen. Die gesellschaftliche Grundeinstellung gegenüber diesen ist laut einer Studie zwar «tendenziell eher positiv», aber nur sofern sie den Menschen nicht ersetzen. Zudem ist der gewünschte Einsatzzweck von Pflegebedürftigen und dem Pflegepersonal unterschiedlich. Ältere Menschen wünschen sich vorrangig Sturzprävention und Notfallhilfe. Das Pflegepersonal hingegen sieht die Roboter als Unterhaltung und Betreuung für die Pflegebedürftigen– und nicht als Mittel zur Erledigung grundpflegerischer Aufgaben.

«Eine einzigartige Chance für Entscheidungsträger»

Es besteht jedoch in diesem Feld eine einzigartige Chance für Entscheidungsträger. Das Vorpreschen der Wissenschaft sollte dazu genutzt werden, diese Entwicklung zu unterstützen und nachhaltig zu gestalten. Für den Bodenseeraum bestünde die Chance, eine gemeinsame Plattform für Geriatronik zu entwickeln, die zu einer Vereinheitlichung der Interaktions- und Zugangssysteme von sozialen Robotern führen könnte. Dies kann die Pflege bedeutend entlasten, den Beruf aufwerten und gleichzeitig die Konkurrenz zwischen Roboterherstellern aufrechterhalten. Zudem bestünde schon ein Ansatzpunkt, um auch künftig sicherzustellen, dass die Menschen würdevoll altern und echte menschliche Interaktion erfahren. Und dies nicht für die Zukunft, die uns alle erwartet, sondern für die Zukunft, die wir uns alle wünschen.

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Patrick Louis

Patrick Louis (21) kommt aus der Schweiz, ist aber in verschiedenen europäischen Ländern aufgewachsen. Daher interessiert ihn die internationale Kooperation im Bodenseeraum besonders. Für SichtWeisen greift er regionale Themen mit überregionalem Hintergrund auf.

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