„Wir schätzen Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen – vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir“, hat Mark Twain einmal geschrieben. Damit bringt er das Dilemma der Meinungsfreiheit auf den Punkt. Sie erfordert Zivilcourage, weil sie mit dem Risiko einhergeht, wegen anstößiger Meinungsbeiträge kritisiert oder auch beschimpft zu werden. Meinungsfreiheit umfasst allerdings nicht das Recht, Andersdenkende zu beleidigen oder gar zu bedrohen. Sie setzt Respekt voraus und die Einsicht, dass andere auch recht haben könnten. Sie verlangt also Toleranz.
Die Meinungsfreiheit schützt „Meinungen“. Darunter versteht man Werturteile und Sichtweisen. Da Meinungen immer subjektiv sind, können sie nicht objektiv richtig oder falsch sein. Geschützt sind sie alle. Nicht geschützt sind hingegen bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen also Lügen (fake news).
Meinungsfreiheit lässt sich nicht messen wie die Feinstaubkonzentration in der Luft und nicht beziffern wie die Sieben-Tage-Inzidenz. Das Urteil über sie ist auch eine Frage des Zeitgeistes und der Wahrnehmungsperspektive.
Und da sind wir bei der Generationenperspektive. Gemäss meiner Wahrnehmung finden die kritischen Corona-Diskussionen und Kundgebungen vor allem in der Generation 45plus statt; die Klimakundgebungen bei der jungen Generation (Friday for Future). Alle haben etwas mitzuteilen. Aber der Bezugspunkt ist ein anderer: Die Jugend setzt sich für die Zukunft ein – einen gesunden Lebensraum für alle; die ältere Generation kämpft um ihr Selbstbestimmungsrecht. Dies zeigt auf, was wem wichtig ist. Vielleicht Zeit um-zu-denken.
Der SichtWeise