Gerade in Zeiten von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben Soziale Medien enorm an Bedeutung gewonnen. Die Begriffe Fake News, Algorithmen und Filterblasen sind regelmässig zu hören, jedoch fehlt vielfach die eigene Reflexion. Es ist unumstritten, dass sich der Prozess der Meinungsbildung aufgrund von Facebook & Co. grundlegend verändert hat. Das World Wide Web hat einen kontinuierlich steigenden hohen Anteil unter den meinungsbildenden Medien – was auch naheliegend ist, da der Zugang enorm einfach ist. Besonders zeigt sich dies bei jungen Nutzer*innen, wo Soziale Medien kaum mehr vom täglichen Gebrauch wegzudenken sind.
Wohlfühl-Bubble
Im Gegensatz zu den klassischen Medien verbreitet sich Information im Netz ohne Filter – kein*e professionelle*r Journalist*in, kein Medienhaus kümmert sich um einen Faktencheck. Dies ist nicht unbedingt nur negativ, birgt dennoch die Gefahr der raschen Verbreitung von Fake News in sich. Online kann jede*r die eigene Meinung öffentlich äussern und kurzerhand das Gefühl bekommen, die ganze Welt stimme mit ihm/ihr überein. Die Algorithmen Sozialer Netzwerke sind so programmiert, dass der/die Nutzer*in sich auf der Plattform wohlfühlt und dort möglichst viel Zeit verbringt. Naheliegenderweise werden in erster Linie Inhalte geliefert, die die Meinung des/der Nutzer*in widerspiegeln. Beispielsweise wird der Newsfeed von Facebook oft als „Facebook Bubble“ bezeichnet, da die Inhalte sehr konkret auf die jeweilige Nutzung zugeschnitten sind.
Cyber-Manipulation
Was auf den ersten Blick harmlos klingt, sieht bei näherer Betrachtung anders aus. Wenn alle nur mehr solche Informationen sehen, die die eigene Meinung bestätigen, kommt es zu einer immer mehr fortschreitenden Spaltung der Öffentlichkeit. Nicht nur, dass es für ein gutes Miteinander nötig ist, andere Meinungen zu kennen, sich auszutauschen und zu verstehen – Meinungen können auf Social-Media-Plattformen auch manipuliert werden. Dies geschieht vor allem durch den Einsatz von Bots. Das sind automatisierte Fake-Konten, die gezielt Fehlinformationen verbreiten. Es lassen sich leicht Beispiele finden, wo digitale Manipulation im Raum steht: die US-Wahlen oder das Brexit-Referendum.
Einfach alles löschen?
Um der Thematik entgegenzuwirken, könnten Social-Media-Plattformen oder auch Regierungen gegen diese Manipulation vorgehen. Das Deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat beispielshalber bei der Bundestagswahl 2017 eng mit Facebook zusammengearbeitet, um Manipulation durch Falschinformation zu unterbinden. Gesamtgesellschaftlich stellt sich allerdings die Frage, wer darf entscheiden, was manipulativ ist und was nicht? Bei zu rigorosem Vorgehen könnte das Recht auf freie Meinungsäusserung ins Wanken geraten – absichtlich oder unabsichtlich. Bildung und die Motivation, seine Bubble stets kritisch zu hinterfragen, wären mögliche Lösungen – auch wenn diese nicht das gesamte Spektrum der Manipulation verhindern können. Soziale Medien sind in erster Linie ein weiteres Tool zur Informationsvermittlung. Zweifelsohne ist es aber essenziell, die Prozesse der Meinungsbildung im Netz genau im Auge zu behalten.