Statistisch gesehen haben Frauen und Männer unterschiedliche Fortbewegungsmuster. Frauen unternehmen zahlreichere, kürzere Trips und sind häufiger mit dem öffentlichen Verkehr oder zu Fuss unterwegs. Männer hingegen nutzen öfter Autos. Dies hat verschiedene Gründe: Zum einen sind Frauen im Durchschnitt ärmer und zum anderen übernehmen sie einen grösseren Anteil an der Haushalts- und der Kinderbetreuung. So entstehen kürzere, aneinandergereihte Reisen, das sogenannte trip-chaining. So geht es für Frau zum Beispiel morgens zur Kita, danach zur Arbeit und abends dann erst zum Lebensmittelladen, vielleicht später noch mit dem Kind zum Hobby nach Wahl. Männer hingegen haben eher ein einfacheres Muster: Sie fahren morgens zur Arbeit und abends wieder nach Hause.
Das Problem der Datenlücke
Dem gegenüber steht aber eine Mobilitätsplanung, welche grösstenteils von Männern geplant wird. Das UVEK (Bundesamt für Umwelt, Verkehr Energie und Kommunikation) hat mit 37.6% die tiefste Frauenquote aller Bundesämter in der Schweiz. Dies sieht auch in anderen Europäischen Staaten nicht besser aus. Beim Thema Mobilität und Geschlechter existiert eine «Geschlechter-Datenlücke», wie Caroline Criado Perez es in ihrem Buch «Unsichtbare Frauen» nennt. Sie klagt vor allem zwei Punkte an: Erstens werden zu wenige geschlechterdegradierte Daten erhoben, um diese geschlechterspezifischen Mobilitätsmuster genau messen zu können und zweitens sind zu wenige Frauen in Entscheidungspositionen bei der Mobilitätsplanung. So werden in den männerdominierten Entscheidungsgremien Strassen überbudgetiert, beim öffentlichen Verkehr liegt der Fokus auf dem klassischen Pendler und Gehwege sind zu eng, als dass sich zwei Personen mit Kinderwagen komfortabel kreuzen könnten.
Aktuelle Initiativen
Einige Forscher*innen, wie zum Beispiel Inés Sanchez de Madariaga, machen schon länger auf solche Probleme aufmerksam. 2018 fand in Leipzig erstmals die Konferenz «Woman mobilize Woman» statt, welche Frauen in der Transportbranche stärken möchte. Auch die UN-Kommission für den Frauenstatus hat explizit die Gleichberechtigung bei der Mobilität in ihre aktuellen Ziele aufgenommen. Forschung und Initiative zum Thema gäbe es also genug. Um dem Problem entgegenzuwirken, sollte als nächster Schritt die Geschlechtergleichstellung auch tatsächlich in die Mobilitätsplanung der öffentlichen Hand einfliessen.
Service Box
Zum Thema gibt es viel Literatur und Forschung, hier einige weiterführende Links
- Bericht der NGO Civitas. Smart choices for cities. Gender equality and mobility: mind the gap. (pdf)
- Forschungspapier von Inés Sanchez de Madariaga: From Women in Transport to Gender in Transport: Challenging Conceptional Frameworks for Improved Policymaking
- Weiterführender Artikel, vor allem zum Buch von Caroline Criado Perez „Mind the gender gap: the hidden data gap in transport“
- Hintergrundbericht der VCÖ zum Thema: Gender Gap im Verkehrs- und Mobilitätsbereich
- Website von «Woman mobilize Woman»