In einer Demokratie geht die Macht vom Volk aus. Die gewählte Regierung leiht sich die Staatsgewalt des Volkes. Länder, wie die der Bodenseeregion, werden von vielen Seiten für ihr ausgeprägtes demokratisches System bewundert. Die Zeitschrift The Economist misst den Grad der Demokratie regelmässig: Deutschland, Österreich und Schweiz zählen zu den sogenannten „vollständigen Demokratien“. Liechtenstein als konstitutionelle Monarchie wird nicht gelistet, die Staatsform basiert jedoch auf einer demokratisch-parlamentarischer Grundlage.
Lähmt Demokratie?
Zu den aktuell grössten Herausforderungen der Menschheit zählen neben der Corona-Krise auch der Klimawandel oder die Digitalisierung. Demokratie hat insbesondere in Zusammenhang mit solch riesigen Aufgaben den Ruf, langsam zu sein. In einer Demokratie erfolgt ein laufendes Austarieren der drei Staatsgewalten: Legislative, Exekutive und Judikative. Kein einziger Pfeiler besitzt die gesamte Macht, denn diese absolute Macht würde sonst zum Missbrauch einladen. Dementsprechend kann es dauern, bis eine Mehrheit für etwas gefunden wird. Es schliesst aber vor allem Diskurs ein. Diese Langsamkeit hat sich bewährt, sie schafft Zeit, um beispielsweise Massnahmen zu verinnerlichen. Nur wer den Grund für etwas tatsächlich versteht, wird lange an Einschränkungen festhalten können.
Zukunft Populismus
Covid-19 hat gezeigt, dass die Politik autoritärer Populist*innen nicht krisenfest ist. Dies dürfte deren Anhängerschaft wieder vermehrt zu sachlich-orientierten Politiker*innen führen. Je ernster die Lage, desto mehr wird der Boom der Populist*innen gedämpft. Die Kommunikationsshows, die uns Populist*innen liefern, beginnen zu bröckeln, da handfeste Lösungen fehlen. Die Corona-Krise ist nicht nur eine Gesundheits-Pandemie, sondern zusätzlich rollt eine enorme soziale Krise an, die es zu bewältigen gilt.
Träge Parteien versus träge Jugend?
Immer wieder wird das schwindende politische Interesse der Jüngeren thematisiert, sie würden durch Abstinenz bei Wahlen oder Abstimmungen die Demokratie schwächen. Dem gegenüber steht das Älterwerden unserer Gesellschaft – die Baby-Boomers treten bald ihre Rente an. Es entsteht ein Ungleichgewicht. Dabei sind Jüngere politisch engagiert wie eh und je: sei es bei Fridays For Future, Greenpeace oder vollständig unabhängig bei selbstorganisierten Demonstrationen und Online-Petitionen. Der grosse Unterschied: Die meisten der politischen Aktivitäten der jungen Generation liegen abseits klassischer Parteimitgliedschaften. Dies zeigt, Junge haben sehr wohl Interesse, ihre Rolle aktiv wahrzunehmen und wollen sich in einer Demokratie beteiligen.
Eine Demokratie soll für viele sein. Dazu muss sie aktionsfähiger werden und ein wesentlicher Fokus muss auf den Diskurs gelegt werden. Die Aufgabe der Parteien wird es sein – über alle Bevölkerungsgruppen hinweg – Perspektiven aufzuzeigen, Zukunftsvertrauen zu wecken und Glaubwürdigkeit zu gewinnen.