David Dorn von der volkwirtschaftlichen Abteilung der Universität Zürich, zu neudeutsch Department of Economics, stellt den vermehrten «Einsatz von computergesteuerten Maschinen und Robotern» in der industriellen Produktion fest. Aber weitreichender ist der «Siegeszug des Internets» und, eng damit verbunden, die Automatisierung von immer mehr Berufen. Je nachdem, wen man fragt, wird diese Entwicklung begrüsst oder kritisch betrachtet. Denn während einige davon profitieren, verlieren andere.
Es bleiben hauptsächlich hoch und niedrig bezahlte Berufe übrig
Besonders betroffen davon ist laut Dorn die «Mitte», also Fabrik- und Bürojobs. Diese werden durch die Digitalisierung ersetzt oder können dadurch effizienter erledigt werden, etwa mit Buchhaltungsprogrammen oder Robotern. Somit bleiben zwei Kategorien übrig: hochqualifizierte Berufe, etwa im Ingenieurwesen oder im Management, und niedrigqualifizierte Tätigkeiten, zum Beispiel im Gastgewerbe oder der Reinigung.
Dieser Effekt macht sich auch in der Schweiz bemerkbar. Dieses Diagramm zeigt die Entwicklung der Arbeitsplätze nach Qualifikationsniveau:
Besonders auffällig ist hier der konstante Anstieg von hochqualifizierten Arbeitsplätzen, während Jobs mit mittleren und niedrigen Qualifikationsanforderungen stagnieren. Damit lässt sich jedoch der überproportionale Schwund von intermediären Stellen – zumindest in der Schweiz – noch nicht feststellen.
Mancherorts sinken die Löhne niedrigqualifizierter Stellen sogar
Dazu gesellt sich allerdings noch ein weiterer Effekt, nämlich die wachsende Einkommensungleichheit. Dorn bemerkt, dass die Löhne der gut qualifizierten Erwerbstätigen stark überproportional zu weniger qualifizierten Stellen steigen; mancherorts sinken letztere sogar. Diese Entwicklung wurde durch die Coronavirus-Pandemie beschleunigt, da viele niedrigbezahlte Stellen in Branchen bestehen, welche nun nicht mehr oder nur stark eingeschränkt funktionieren. Hochqualifizierte Stellen hingegen können mehrheitlich online weiter ausgeübt werden.
Chancen der Digitalisierung
Doch die Digitalisierung birgt grosse Chancen. Der Ideenaustausch im virtuellen Raum, unabhängig von der Entfernung des Gegenübers, ist nicht nur in Zeiten des Social Distancing wertvoll. In der Bodenseeregion etwa ist die grenzüberschreitende wirtschaftliche Verflechtung aufgrund des Europäischen Binnenmarkts und fehlender sprachlicher Barrieren besonders ausgeprägt. In der «Meersburger Erklärung» von 2012 werten die Wirtschaftsminister*innen der Regionen der Internationalen Bodenseekonferenz die Innovationskraft als «Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg». Dafür haben sie regelmässige Treffen zum Wissens- und Technologietransfer eingerichtet, um die Innovationspolitik der Regionen aktiv zu fördern. Doch diese aktive Innovationspolitik führt zum oben genannten Wandel der nachgefragten Jobs. Der Vorsitzende des Department of Economics der Uni Zürich, Ralph Ossa, sieht deshalb zukünftig eine wachsende Nachfrage von Kreativität, Programmierkenntnissen und sozialen Fähigkeiten. Wer sich dementsprechend ausrichtet, dürfte wohl auch in Zukunft eine gute Arbeitsstelle finden.